Gedenkstätten sind als Orte des Erinnerns, Mahnens und der politischen Bildung notwendig:Grußwort: Ausstellungseröffnungen in der Gedenkstätte KZ Engerhafe
Die landtagsvizepräsidentin Janssen-Kucz hielt zur Eröffnung der Dauerausstellung „Zwangsarbeit für die Wehrmacht“ und der temporären Werkschau „Vor Vereinsgründung – Arbeiten zum KZ Engerhafe aus den Jahren 1987 – 2009“ von Herbert Müller ein Grußwort.
Dabei thematisierte sie neben der Geschichte der Gedenkstätte auch die Rolle von Gedenkstätten in Zeiten des Voranschreitens antidemokratisch-autoritärer Tendenzen in Politik und Gesellschaftvor dem Hintergrund des 75. Geburtstags des Grundgesetzes.
Im Folgenden ist die Rede der Landtagsvizepräsidentin vom 25. Mai 2024 gehalten bei der Ausstellungseröffnung der Dauerausstellung „Zwangsarbeit für die Wehrmacht“ sowie der temporären Werkschau „Vor Vereinsgründung – Arbeiten zum KZ Engerhafe aus den Jahren 1987 – 2009“ von Herbert Müller dokumentiert. Neben Frau Vizepräsidentin Janssen-Kucz sprachen die Vorsitzende des Gedenkstätte KZ Engerhafe e. V. Hilke Osterwald , die Geschäftsführerin der Stiftung Niedersächsischer Gedenkstätten Dr.in Elke Gryglewski, Landrat Meinen, der Superintendent des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Aurich Tido Janssen und Ini Ringersma-van der Weij als Angehörige der Familie Weij. Die Kunstausstellungen wurden vom Künstlerischen Leiter der Gedenkstätte Herbert Müller und der Kuratorin der permanenten Ausstellung Dr.in Simone Erpel vorgestellt. Als musikalische Begleitung war der Engerhafer Gitarrenchor GUTZUHÖREN da.
Es gilt das gesprochene Wort:
Sehr geehrte Frau Vorsitzende Osterwald,
Sehr geehrte Mitglieder des Vereins „Gedenkstätte KZ Engerhafe“,
Sehr geehrte Frau Ini Ringersma van der Weij als Angehörige der Familie van der Weij,
Sehr geehrte Frau Dr. Elke Gryglewski Geschäftsführerin Stiftung Nds. Gedenkstätten
Sehr geehrter Herr Landrat Meinen,
Sehr geehrter Herr Superintendent Tido Janssen,
Sehr geehrter Herbert Müller, als künstlerischer Leiter des Vereins,
Sehr geehrte Frau Dr. Simone Erpe l, Kuratorin der Ausstellung,
Sehr geehrter Gitarrenchor GUTZUHÖREN aus Engerhafe,
Liebe Gäste von nah und fern!
Ich bin dankbar heute bei Ihnen und zu Ihnen als Vizepräsidentin des Nds. Landtages sprechen zu dürfen und bedanke mich auch im Namen der Lan dtagspräsidentin Hanna Naber für die Einladung.
Seit 2009 arbeitet der Trägerverein der KZ Gedenkstätte Engerhafe daran, am historischen Ort des alten Pfarrhauses Engerhafe, direkt neben dem früheren Lager Areals des ehemaligen KZ Außenlagers eine Gedenks tätte aufzubauen.
Einen Ort der Erinnerung und Mahnung an die NS Zwangsarbeit in Ostfriesland! Es gab über 400 weitere Straf und Arbeitslager in Ostfriesland und Wilhelmshaven. Eine für uns immer noch
unvorstellbare Zahl.
- Anrede -
Heute feiern wir auch di e Einweihung des neuen Gemeindehauses und damit die Wiedereröffnung der Gedenkstätte Engerhafe jetzt
zusammen an einem Ort, unter einem Dach!
Ich möchte mich bei allen bedanken die seit über 15 Jahren daran gearbeitet haben, dass dieser Ort der Erinneru ng und zur Mahnung entstanden ist. An die Anfänge 2008/2009 an die Gespräche, die ich damals als Schulleitung der Deutsch Niederländischen Heimvolkshochschule mit Pastor Osterwald und anderen Mitstreitern geführt habe, sehr gut erinnern. Es war nicht immer ein einfacher und bequemer Weg, denn auch damals wollten nicht alle an die Gräueltaten des NS Regimes, hier in Engerhafe und Ostfriesland erinnert werden.
Aber sie alle sind den Weg unbeirrt gegangen, trotz Gegenstöße und auch Gegenwind. Danke nochmals d afür. Engerhafe ist damit die einzige Gedenkstätte dieser Form, neben Gedenkorten und auch Stolpersteinen in Ostfriesland! Wir brauchen die Erinnerungskultur, um das gemeinschaftliche Wissen einer Gesellschaft über ihre Vergangenheit sichtbar zu machen. Damit wir uns an die Geschichte unseres Landes erinnern und daraus für unsere Zukunft lernen.
Gedenkst ättenarbeit ist nicht nur staatliche Aufgabe, sondern auch zivilgesellschaftlicher Auftrag.
Gedenkstätten dokumentieren die Leiden der Menschen, die während der nationalsozialistischen Herrschaft rassischer oder politischer Verfolgung ausgesetzt waren: Juden, Roma und Sinti, politisch Widerständige, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, Opfer der " Homosexuelle, Zeugen Jehovas und viele andere mehr.
Ein Netz von Erinnerungsorten mit spezifischen Zeugnissen und baulichen Relikten belegt, dass die Verbrechen aus der Mitte der deutschen Gesellschaft geplant und verübt wurden.
Gleichzeitig deuten die Gedenkstätten auf Gegenwart und Zukunft: Vor ihr em historischen Hintergrund zeigt sich die Bedeutung von gesellschaftlicher Toleranz und gelebter Zivilcourage, Achtung der Menschenwürde und Einhaltung der Menschenrechte unabhängig von Hautfarbe, Religion und politischer Überzeugung.
Die politische und gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahre, insbesondere seit 2023 und jetzt 2024 machen täglich deutlich, wie wichtig „ ist.
- Anrede -
Vor
2 Tagen am 23.05.24 haben wir unser Grundgesetz gefeiert, 75. Jahre unser Garant für Frieden Freiheit und Gleichheit. Der Monat Mai wird zu diesem 75jährigen Jubiläum des Grundgesetzes zu etwas Besonderen und das ist wichtig und richtig, denn wir feiern das Grundgesetz in stürmischen Zeiten.
Der Verein „Gedenkstätten KZ Engerhafe“ hat sehr bewusst den Artikel 1 Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“ unseres Grundgesetzes in ihre Präambel aufgenommen.
Der Artikel 1, hat aber nicht nur den 1. Satz, es gibt einen für mich noch wichtigeren Satz 2, der lautet: „Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“
Der 2. Satz macht deutli ch, dass nicht nur der Staat, die Politik, in der Verantwortung steht, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen, sondern dass wir alle uns damit zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten bekennen und da wo Menschenrechte nicht geachte t, mit Füßen getreten werden, in der Verantwortung stehen.
Wir müssen gegenüber Menschen und Demokratiefeinden aufstehen und das Wort ergreifen.
Wir müssen als Bürger*innen diese Verantwortung mit übernehmen und damit wehrhaft für unsere Demokratie streiten. Streiten für eine Menschliche Gemeinschaft, gegen Hass und Hetze in unserer Gesellschaft, für Frieden mit und untereinander und für Gerechtigkeit.
Unser Grundgesetz versteht die Würde des Menschen, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Grund und Menschen rechte als Auftrag!
Demokratie lebt von den Menschen, die für sie streiten! Und Demokratie bedeutet Arbeit! Und ist nicht selbstverständlich! Demokratie verträgt den Wettbewerb, das Streiten um die besten Lösungen für unsere Zukunft, Gewalt zerstört sie.
Für mich ist unser GG mein Kompass!
So wie der Artikel 1 „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ auch der Kompass für den Verein und die Arbeit der Gedenkstätte KZ Engerhafe ist.
Sie ermahnt uns, dass jedes Antasten der Menschenwürde die eigene Würde beschädigt und jederzeit und überall wieder einen Zustand herbeiführen kann, wie damals im Lager in Engerhafe. Deshalb gilt heute mit der feierlichen Eröffnung der Ausstellung mehr als denn je: Wehret den Anfängen!