Meta Janssen-Kucz: Rede zur Unterstützung von Menschen mit chronischem Fatique-Syndrom (ME/CFS)

Rede TOP 11: Menschen mit chronischem Fatique-Syndrom (ME/CFS) unterstützen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

vielen Dank zunächst einmal an die Fraktionen von SPD und CDU, dass sie mit ihrem Antrag ein sehr wichtiges Thema aufgegriffen und wir im Rahmen der Anhörung festgestellt haben, dass wir hier mehr oder weniger Neuland betreten. Uns allen wurde sehr bewusst gemacht, dass bisher die Menschen mit dem Fatique-Syndrom und der kryptischen Abkürzung ME/CFS von der Politik zu wenig in den Focus genommen wurden.

Wir haben es beim Fatique-Syndrom mit einem manifesten Problem zu tun, das bisher wenig erforscht ist und Behandlungs- und Rehabilitations-einrichtungen rar sind.

Schon vor der Pandemie litten ca. 25.000 Menschen in Niedersachsen an chronischen Erschöpfungszuständen.

Was erstmal harmlos klingt ist eine ernsthafte Erkrankung, die nicht selten zu schweren Einschränkungen bis hin zu Erwerbsunfähigkeit oder sogar Bettlägerigkeit führt. Das Tückische ist, dass die Erkrankung wenig bekannt ist, schwer zu diagnostizieren und noch schwerer zu behandeln ist.

Anrede,

als Langzeitfolge einer COVID-19-Infektion wird die Zahl der Erkrankten an ME/CFS vermutlich deutlich steigen. Wissenschaftler*innen zufolge tritt die Erkrankung bei ein bis zwei Prozent aller COVID-Infizierten unter 60 Jahren auf. Auch bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, teilweise mit einer sehr hohen Krankheitslast, die einen normalen Alltag schlicht unmöglich macht. Darauf müssen wir unser Gesundheits- und Sozialsystem vorbereiten und handeln.

In der Anhörung zum Antrag ist sehr anschaulich geworden, wie hart/heftig das Leben mit ME/CFS ist und wie schwer der Zugang zu medizinischen, therapeutischen und sozialen Leistungen.

Betroffene werden jahrelang von Ärztin zu Arzt geschickt, ohne eine klare Diagnose zu haben. Sie erhalten trotz deutlicher körperlicher Einschränkungen keinen Pflegegrad oder Behindertenausweis und vor allem keinerlei Informationen über das Krankheitsbild und wie man damit leben kann.

Deshalb ist es wichtig, dass wir uns endlich intensiv, auf allen Ebenen und mit allen Akteuren des Fatique-Syndroms annehmen und Handlungsoptionen nicht nur aufzeigen, sondern auf den Weg bringen. Das ist eine ganz wichtige Botschaft für alle Betroffenen und ihre Angehörigen.

Aus der Anhörung sind bei mir allerdings drei wichtige Punkte angekommen, die sich nicht im Änderungsantrag der GroKo nach der Anhörung wiederfinden:

1.     Wir brauchen als ersten Schritt eine spezialisierte Beratungsstelle, die landesweit beraten kann; bestehende Beratungsstellen – das hat auch das Ministerium in der Unterrichtung dargelegt – kommen dafür nur sehr eingeschränkt infrage

2.     Wir müssen uns um den Zugang zu Sozialleistungen kümmern. Es kann nicht sein, dass jemand trotz Bettlägerigkeit keine Erwerbsunfähigkeitsrente bekommt, nur, weil der Gutachter das Krankheitsbild ME/CFS nicht kennt und es in keiner Liste auftaucht. Hier muss die Landesregierung dringend sensibilisieren und gemeinsam mit den Kosten-trägern nach Lösungen suchen. 

Genau diese Forderung wurde auch auf der Anhörung auf Bundesebene im letzten Jahr deutlich. Jeder Einzelfall ist dramatisch und ein massiver Schicksalsschlag für die Betroffenen und Angehörige

3.     Auch der Zugang zur Palliativ- und Hospizversorgung muss sichergestellt sein. Das betrifft sicherlich nicht die breite Masse der ME/CFS-Erkrankten, aber dort, wo eine palliative Begleitung angezeigt ist, sollte sie auch in Anspruch genommen werden können und nicht an der Unkenntnis der Beteiligten scheitern.

Diese drei Punkte haben wir in unserem Änderungsantrag ergänzt und bitten um Ihre Zustimmung.

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