Meta Janssen-Kucz: Rede "Aufklären, Schützen, Impfen – gemeinsam 5. Corona-Welle verhindern!"

Rede TOP 10: Aufklären, Schützen, Impfen – gemeinsam 5. Corona-Welle verhindern! (Ds. 18/10333, Antrag Grüne)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

als ich heute Morgen zum Landtag gekommen bin, war die Schlange vor dem Impfzentrum gegenüber so lang, dass ich das Ende gar nicht sehen konnte.
Lange Schlangen sieht man dieser Tage häufig in Niedersachsen, sei es vor Testzentren oder Impfstationen. Das zeigt: die Impfbereitschaft der Menschen in Niedersachsen ist sehr hoch. Sie ist höher als das Angebot.
Wir haben – zugegebenermaßen nicht nur in Niedersachsen – mit dem Boostern viel zu spät angefangen.
Und jetzt kommen wir nicht schnell genug voran. Daran gibt es nichts zu beschönigen.

Sehr geehrte Frau Ministerin Behrens,
da hilft es auch nicht, wenn Sie immer wieder betonen, dass Sie gut vorbereitet sind und wussten, was kommt. Das glauben nicht nur wir Ihnen nicht mehr, das glauben Ihnen sehr viele Menschen in Niedersachsen nicht mehr.

Ja, die hohe Dynamik der Pandemie fordert uns als Parlament immer wieder heraus. Was heute noch aktuell ist, ist morgen schon wieder veraltet.
Das macht den Kampf gegen die Pandemie so schwierig. Und natürlich hat keine Regierung der Welt in dieser Pandemie alles richtig gemacht. Das erwartet auch niemand.

Was wir aber erwarten, ist, dass die Landesregierung Fehler erkennt und aus ihnen lernt. Und das sehe ich bei dieser Landesregierung nicht.

Sie waren auf die 4. Welle und auf die Booster-Impfungen nicht vorbereitet und sie werden auch auf die 5. Welle und die Auffrischungsimpfungen im nächsten Jahr nicht vorbereitet sein. So geht das nicht weiter. Wir können nicht länger von Welle zu Welle stolpern und uns jedes Mal etwas Neues ausdenken. Wir brauchen endlich einen langfristigen Plan, wie wir uns aus dieser Pandemie herausimpfen können.

Anrede,

aktuell aber hapert es in der Impfstofflogistik gewaltig und das nicht zum ersten Mal.

Seit Wochen funktionieren die Impfstofflieferungen nicht. Bestellte Mengen kommen nicht an. Selbst bei Moderna, wo es keine Höchstbestellmengen gibt, kommt es zu regionalen Engpässen.

Für diese Woche, die 49. Kalenderwoche, wurden die Höchstbestellmenge von Biontech/Pfizer für Betriebsärzt*innen auf maximal 30 Dosen festgelegt. Um den Impfstoff für die ganze Woche zu verimpfen, brauchen die Betriebsärzt*innen damit höchsten 30 Minuten.

Anrede

Und die nächste Herausforderung steht mit den Impfungen für Kinder von 5-11 Jahren vor der Tür. Der Kinderimpfstoff wird voraussichtlich in der nächsten Woche ausgeliefert und ich kann bisher weder eine verlässliche Strategie noch eine klare Ansprache für Eltern und Kinder erkennen. Es reicht nicht, ein paar Kinderkliniken anzusprechen, ob sie sich an der Impfkampagne beteiligen. Wir brauchen flächendeckend kindgerechte Angebote in Zoos, in Museen, in Freizeitzentren usw. und wir brauchen eine gute Aufklärung für Eltern. Und damit sollte man nicht erst anfangen, wenn der Impfstoff ausgeliefert ist.

Anrede

was ich auch nachvollziehen kann ist, dass die GroKo wieder auf Modellprojekte beim Impfen durch Apotheker*innen, Zahnärzt*innen und anderen Gesundheitsberufen setzt.

Wir hatten reichlich Modellprojekte, jetzt ist es Zeit für den Regelbetrieb. Das Bundesgesundheitsministerium hätte die gesetzlichen Grundlagen dafür schon längst auf den Weg bringen können.

Anrede

die Herausforderungen sind vielfältig. Das Einzige aber, was ich von der Großen Koalition höre, ist der Ruf nach einer Impfpflicht. Ich bin auch der Meinung, dass wir eine allgemeine Impfpflicht brauchen. Aber sie hilft uns in der aktuellen Welle nicht weiter. Kümmern Sie sich doch bitte erstmal darum, dass alle, die sich impfen lassen wollen, das auch tun können!

Anrede,

eine allgemeine Impfpflicht muss sorgfältig vorbereitet werden, wenn wir das Vertrauen der Bevölkerung nicht verspielen wollen. Dafür müssen wir aber zunächst die konkreten Rahmenbedingungen kennen.

Bisher sind viele Fragen nicht geklärt, z.B. ab welchem Alter eine Impfpflicht gelten sollte, ob wir uns zukünftig halb- und jährlich impfen lassen sollen und auch, welche Personengruppen aufgrund von Erkrankungen von der Impfpflicht ausgenommen werden. Das alles sind Fragen auf die wir als Politik Antworten brauchen, denn sonst schrecken wir die Menschen ab, deren Vertrauen und Solidarität wir in der Pandemie brauchen.

Eine allgemeine Impfpflicht ist ein umfassender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte eines jeden Einzelnen, aber sie hilft uns allen, damit wir die Chance bekommen, mittel- und langfristig die Pandemie hinter uns zu lassen.

Deshalb ist es so wichtig, dass nicht nur die StiKo eine Empfehlung zur Impfpflicht abgibt, sondern die Ethikkommissionen von Bund und Ländern klare Rahmenbedingungen definieren, unter denen eine Impfverpflichtung gesetzlich verankert werden kann.

Eine allgemeine Impfpflicht kann auch ein Baustein für eine langfristige Impfstrategie sein. Dafür brauchen wir aber nicht nur Gesetze und Verpflichtungen, wir brauchen vor allem die nötige Infrastruktur und das Personal. Beides müssen wir jetzt aufbauen und erhalten.

Das jedenfalls sollte eine Lehre aus der Schließung der Impfzentren sein, kurz bevor die Booster-Impfungen begannen.

Anrede,

der Ministerpräsident bezeichnet die Landesregierung ja gerne als das Team Vorsicht.

Wenn diese Landesregierung wirklich das Team Vorsicht wäre, dann hätten sie längst Abwasseruntersuchungen eingeführt, sie hätten die Schulen und Kitas flächendeckend mit Luftfiltern ausgestattet, sie hätten im Sommer schon die Vorbereitungen für das Booster-Impfen getroffen und sie hätten ausreichend Testkits bestellt.

Sie sind nicht Team Vorsicht, sie sind Team Schlafwagen. Jetzt ist es an der Zeit aufzuwachen, vorausschauend zu handeln und alle Kapazitäten in den Kampf gegen die 5. Welle zu stecken.

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