Antrag: Niedersachsen zusammen gegen das Hochwasser – die Folgen der Fluten bewältigen, Konsequenzen für die Zukunft ziehen

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis90/Grünen

Niedersachsen zusammen gegen das Hochwasser – die Folgen der Fluten bewältigen, Konsequenzen für die Zukunft ziehen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Nach einem besonders feuchten Herbst 2023 erlebte Niedersachsen im Dezember einen Rekordniederschlag von 45 Prozent über dem Durchschnitt. Die Böden waren aufgeweicht und konnten kein weiteres Wasser aufnehmen. Die anhaltenden Regenfälle vor Weihnachten führten auf den gesättigten Böden zu einem landesweiten, gravierenden Hochwasser – in einem Ausmaß, das Niedersachsen zuvor noch nie erlebt hatte.

Bis weit in den Januar 2024 waren rund 120.000 Helferinnen und Helfer gegen das Hochwasser im Einsatz. Diese beeindruckende gesellschaftliche Anstrengung verdient größten Dank und Respekt. Der Hochwasser- und Katastrophenschutz in Niedersachsen war gut vorbereitet und ausgestattet, auch aufgrund der bestehenden Strukturen und den im Katastrophenschutz geschaffenen Voraussetzungen konnte die Hochwasserlage erfolgreich bewältigt werden. Die Prognosen der Hochwasservorhersagezentrale sowie das Wassermanagement bei Rückhaltebecken und Talsperren haben insgesamt zuverlässig funktioniert. In Folge des Hochwassers sind erhebliche Schäden an Gebäuden, Infrastruktur sowie Flächen der Land- und Forstwirtschaft entstanden. Das Land Niedersachsen hat gleich zu Beginn des Jahres 2024 bis zu 10 Millionen Euro für schnelle Hilfen bereitgestellt. Weitere Mittel sollen über den Haushaltsnachtragsentwurf bereitgestellt werden. Die fortlaufende Weiterentwicklung des Hochwasserschutzes in Niedersachsen bleibt eine zentrale Aufgabe, insbesondere in Zusammenarbeit mit allen Bundesländern und der Bundesregierung.

Im Jahr 2023 verzeichnete Niedersachsen das wärmste Wetter seit Beginn der Aufzeichnungen. Der Klimawandel führt zu häufigeren Sommerdürren und einer Verschiebung der Niederschläge in den Winter. Eine der hierbei leider gängigen Entwicklungen daraus erleben wir in Form des aktuellen Hochwassers, welches schlimme Erinnerungen an andere Hochwasserkatastrophen weckt. Auch wenn bei dieser Katastrophe kaum Menschen zu Schaden gekommen sind, ist der erst noch final zu beziffernde finanzielle und materielle Schaden immens.

Neben den laufenden Klimaschutzmaßnahmen muss die Anpassung an die Klimafolgen verstärkt werden. Insbesondere der Küsten- und Hochwasserschutz benötigt beschleunigte Maßnahmen und höchste Priorität. Um Bürgerinnen und Bürger - speziell in den Risikogebieten - gegen Schäden von Hochwasser und Extremwetterereignissen besser absichern zu können, erscheint die Einführung einer Versicherungspflicht für Elementarschäden sinnvoll. Durch eine solche Versicherungspflicht könnten Risiken solidarisch verteilt und Beiträge niedrig gehalten werden. Dabei wäre zu prüfen, welche Schäden von einer solchen Versicherung oder ähnlich wirksamen Maßnahmen zur Erhöhung der Versicherungsquote umfasst wären.

Der Landtag begrüßt,

  1. den Einsatz der Helferinnen und Helfer, die in den letzten Wochen Großartiges bei der Bekämpfung des Hochwassers geleistet haben,

2,     die erfolgten Freistellungen seitens der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in Niedersachsen, welche den umfänglichen Hilfseinsatz der vielen Helferinnen und Helfer ermöglicht haben,

3.     die umgehende Zurverfügungstellung von bis zu 10 Millionen Euro durch die Niedersächsische Landesregierung,

4.     dass die Niedersächsische Landesregierung sehr kurzfristig den Entwurf eines Nachtragshaushaltes zur Bereitstellung von 110 Millionen Euro vorgelegt hat. Insbesondere die Ermöglichung von Billigkeitsleistungen an Privathaushalte und Unternehmen, wie auch die Finanzierungsbeiträge zur Beseitigung von Schäden an öffentlicher Infrastruktur.

Der Landtag bittet die Landesregierung,

1.     auf Grundlage der gegenwärtigen und folgenden Erkenntnisse aus dem Hochwasser mögliche organisatorische, strukturelle und rechtliche Optimierungspotenziale des Katastrophenschutzes in Niedersachsen zu ermitteln und zu prüfen, ob und welche zusätzliche Ausstattung und Hilfsmittel für den Katastrophenschutz, wie z.B. mobile Anlagen, zukünftig notwendig sind und beschafft werden müssen,

2.     die zuständigen Behörden dabei zu unterstützen, die Schäden an den Hochwasserschutz-Anlagen schnellstmöglich zu beseitigen und aus den aktuellen Erfahrungen, die notwendigen Maßnahmen für den Ausbau des baulichen und des natürlichen Hochwasserschutzes abzuleiten und gemeinsam mit dem Bund zu prüfen, wie die dafür notwendigen Mittel für den Hochwasserschutz zur Verfügung gestellt werden können,

-    im Rahmen des Aktionsprogramms natürlicher Klimaschutz (ANK) Maßnahmen des natürlichen Hochwasserschutzes voranzubringen

-    Maßnahmen zu ergreifen, um für das natürliche Hochwassermanagement erforderliche Flächen zu sichern und Deicherhöhungen zu kompensieren

-    die niedersächsischen Verordnungsgebiete für Überschwemmungsflächen zu aktualisieren,

-    den natürlichen Hochwasserschutz durch Rückdeichungen, Renaturierungen, Polder, Auenentwicklung, Überschwemmungsflächen, Altarmen, Retentionsräumen an geeigneten Stellen zu stärken,

-    zu prüfen, wie Genehmigungs- und Antragsverfahren beschleunigt werden können,

3.     sicherzustellen, dass die Helferinnen und Helfer im Einsatzfall rechtssicher von Erwerbsarbeit freigestellt werden können und darüber hinaus zu prüfen, inwiefern hierbei weitere Rechtsklarheit und Anwendungssicherheit geschaffen werden kann,

4.     die Erarbeitung eines Generalplans für Siel- und Schöpfwerke weiter voranzutreiben,

5.     eine Erhebung über die Schäden des Hochwassers in der Landwirtschaft zu initiieren,

6.     zu prüfen, wie Niederschläge in Zeiten von Wasserknappheit verwendet werden können,

7.     eine Stärkung des Niedersächsischen Kompetenzzentrums Klimawandel (NIKO) sowie des NLWKN im Hinblick auf Klimaanpassung, Küsten- und Hochwasserschutz zu prüfen,

8.     die Aufklärung über Hochwasser und deren Folgen, sowie die öffentliche Kommunikation zu Hochwasserrisiken weiter zu verbessern,

9.     eine Übersicht der privaten Versicherungslage im Bereich des Elementarschutzes zu erstellen und zu prüfen wie sich die individuelle finanzielle Belastung und Schadensregulierung im Falle einer allgemeinen Elementarversicherungspflicht gestalten würde. Eine Bundesratsinitiative mit diesem Ziel ist ebenfalls zu prüfen.

Begründung

Der Einsatz gegen das Hochwasser hat eindrucksvoll die Bedeutung eines effizienten Katastrophenschutzes unterstrichen, dessen Ausstattung auf Grundlage der Lageerkenntnisse weiter verbessert werden sollte. Jetzt müssen die Schäden beseitigt und die Lehren aus der überstandenen Krise gezogen werden, um den Schutz zu optimieren.

Die überwältigende Hilfsbereitschaft vieler Menschen und die beeindruckende Zahl helfender Hände war auch dank der engagierten Freistellung vieler Unternehmen möglich. Grundlage dafür ist, dass die Freistellung von Einsatzkräften auch außerhalb der Feuerwehren in §24 a NBrandschG und § 17 NKatsG umfassend geregelt sind. Zu den Möglichkeiten zur Freistellung von Einsatzkräften außerhalb der Feuerwehren und ihren rechtlichen Status soll geprüft werden, inwiefern mehr Klarheit und Anwendungssicherheit erzielt werden kann.

Privatpersonen, die durch das Hochwasser in Not geraten sind, brauchen kurzfristige Hilfen. Die Bedarfe für den Wiederaufbau der kommunalen Infrastruktur, Schäden in Betrieben, an Wohngebäuden und in der Land- und Forstwirtschaft müssen ebenfalls erfasst und entsprechende Unterstützungsleistungen bereitgestellt werden.

Angesichts der Flächenknappheit können das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) und auch Kompensationspools in vielen Fällen auch den Hochwasserschutz unterstützen. Die Vernetzung von Naturräumen von Bächen, Flüssen und Stillgewässern zu einem Blauen Band aus naturnahen Gewässern und Auen dient nicht nur der Hochwasser- und Dürrevorsorge, sondern auch dem Artenerhalt und der Speicherung von Kohlenstoff.

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