Heimliche Videoüberwachung von Radfahrern in Hannover

Die Bild berichtete am 19.10. 2012, dass „noch 12 Monate lang“ die Radfahrer in Hannover durch kleine Videokameras, die unauffällig z.B. an Verkehrsschildern angebracht sind, gefilmt werden.

Die Bild berichtete am 19.10. 2012, dass „noch 12 Monate lang“ die Radfahrer in Hannover durch kleine Videokameras, die unauffällig z.B. an Verkehrsschildern angebracht sind, gefilmt werden. Verantwortlich hierfür ist offensichtlich eine Studie die durch die Bundesanstalt für Verkehrswesen und die PGV- Planungsgemeinschaft Verkehr aus Hannover erstellt wird. Damit soll gezeigt werden, wie sich Radfahrer im Straßenverkehr verhalten. Die Landesdatenschutzbeauftragte hat die Videoüberwachung kritisiert, da eine Erhebung von Daten, auf denen „Gesichter oder Kennzeichen zu erkennen sind, grundsätzlich nicht erlaubt“ ist.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Seit wann hat die Landesregierung Erkenntnisse zu der Videoüberwachung von Radfahrern auf Grund der Studie durch die Bundesanstalt für Verkehrswesen und die PGV- Planungsgemeinschaft Verkehr in Hannover und ggf. an anderen Orten in Niedersachsen?

2. In jeweils welchem Zeitraum und an welchen Orten wurden bisher bzw. werden noch Videokameras zur Überprüfung von Radfahrern installiert und genutzt, wie und wo werden die Daten gespeichert und auf welcher Rechtsgrundlagen wird die Überwachung durchgeführt?

3. Teilt die Landesregierung die Bedenken des Landesbeauftragten für Datenschutz und welche Maßnahmen hält sie für richtig, um die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Überwachung zu erreichen?

 

Antwort der Landesregierung:

Nach Presseberichten aus dem Oktober 2012 führt das in Hannover ansässige Unternehmen Planungsgemeinschaft Verkehr (PGV) im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) auf öffentlichen Straßen in Hannover Videoaufnahmen von Radfahrern auf Radwegen durch, um deren Verhalten auf den Radwegen für Zwecke der Sicherheitsforschung zu analysieren. Die BASt ist ein technisch-wissenschaftliches Forschungsinstitut des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Die PGV ist in diese Projekt Auftragnehmer der BASt. Die BASt bleibt als Auftraggeber verantwortliche Stelle für das Vorhaben einschließlich der damit verbundenen Datenverarbeitung. Sie ist daher auch verantwortliche Stelle im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes, weshalb die weitere datenschutzrechtliche Prüfung in den Zuständigkeitsbereich des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit fällt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1 und 2: Die Polizeidirektion Hannover wurde mit Schreiben der PGV vom 11. Juni 2012 über das durch das BMVBS in Auftrag gegebene Forschungsvorhaben zu „Sicherheitsverbesserungen bei Nutzung von Radwegen in Gegenrichtung“ informiert und um Übermittlung statistischer Verkehrsunfalldaten gebeten. Der Bitte wurde entsprochen. Mit Zusendung der Bitte, statistisches Material zur Verfügung zu stellen, wurde der Polizeidirektion Hannover u. a. eine Kurzfassung der Projektbeschreibung übersandt. Dieser ist zu entnehmen, dass zur Untersuchung des Verhaltens von Fahrradfahrern auch der Einsatz von Videotechnik vorgesehen ist. Über die tatsächliche Umsetzung des Projekts hat die Landesregierung erst durch die Medienberichterstattung erfahren.

Die Landesregierung verfügt darüber hinaus, nicht zuletzt aufgrund ihrer fehlenden Zuständigkeit, über keine weiteren Kenntnisse über Ort, Art und Umfang der Nutzung von Videotechnik.

Zu 3: Soweit bei einer Videoüberwachung personenbezogene bzw. personenbeziehbare Daten verarbeitet werden, ist dies gemäß § 6 b des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) nur zulässig, wenn es erforderlich ist zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

Wenn die Voraussetzungen des § 6 b BDSG nicht erfüllt sind, ist sicherzustellen, dass keine personenbezogenen oder personenbeziehbaren Daten wie z. B. Gesichter oder Fahrzeugkennzeichen erfasst werden. Soweit dies bei der Aufnahme doch geschieht, ist durch technische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Bildqualität keine personenbezogenen oder personenbeziehbaren Daten erkennen lässt (z. B. durch Verpixelung).

Wie auch der Tagespresse zu entnehmen war (vgl. nur HAZ vom 25. Oktober 2012), wurde das in Rede stehende Projekt wegen der aufgeworfenen datenschutzrechtlichen Fragen zunächst gestoppt.

Verantwortliche Stelle im Sinne des Bundesdaten schutzgesetzes ist die BASt, weshalb die weitere datenschutzrechtliche Prüfung in den Zuständigkeitsbereich des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit fällt. Dort sind die aufgeworfenen datenschutzrechtlichen Fragen zu klären. Eine Bewertung oder gar ein Vorgreifen der Landesregierung vor Abschluss der Prüfungen beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz verbieten sich daher.

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