Versalzung der Ems durch Flussausbau – Haben an der Ems die Eingriffe der letzten 20 Jahre die Grenzendes Vertretbaren überschritten?

Der Ausbau der Unterems hat wegen der damit verbundenen Erhöhung der Querschnitte in den letzten Jahrzehnten zu einem verstärkten Einschwingen der Tidewelle in die Unterems und damit zu einem Anstieg des Tidehubs geführt. So stieg der mittlere Tidehub seit den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts am Pegel Leerort von Werten knapp unter 2,5 m auf Werte um 3,3 m und am Pegel Herbrum (Tidewehr) von Werten knapp über 1 m auf Werte von 2,75 m. Bedingt durch den Anstieg des Tidehubs in der Ems haben sich auch die zugehörigen Tidevolumen geändert. Damit verbunden ist auch eine Verschiebung der Brackwasserzone stromaufwärts.

Seit 1976 werden durch die EWE AG bei Nüttermoor Kavernen zur Erdgasspeicherung durch Aussolung erstellt. Die dabei entstehende Sole wurde bis Mitte 2011 bei Ditzum eingeleitet. Die maximale Einleitungsmenge beträgt 900 m³ pro Stunde. Die wechselnde Nachfrage nach zusätzlichem Erdgasspeicher bewirkt allerdings eine stark variierende Intensität des Solbetriebs, so dass in den Jahren 1999 bis 2004 keine oder nur sehr geringe Mengen Sole eingeleitet wurden. Ab 2005 bis Mitte 2011 stieg die bei Ditzum eingeleitete Menge wieder an, blieb aber unter der erlaubten maximalen Einleitungsmenge.

Der Salzgehalt in einem Ästuar wie der Ems ist zunächst einmal abhängig vom Wasserstand und Salzgehalt in der Nordsee, vom Oberwasser und dem Einschwingen der Tide in das Ästuar. Diese quasi natürlichen Einwirkungen auf das System werden überlagert von anthropogenen Eingriffen, wie Ausbauten im Ästuar, die indirekt über die Änderung des Einschwingverhaltens der Tide auf den Salzgehalt wirken, sowie von direkten Änderungen wie dem Einleiten von Sole aus Salzkavernenausspülungen. Da die natürlichen Randbedingungen für das System sehr variabel sind und zum Beispiel auch die Menge der eingeleiteten Sole nicht konstant verläuft, ist die quantitative Zuweisung von örtlichen Änderungen eines Parameters wie dem Salzgehalt zu einem Verursacher äußerst schwierig.

Die WINGAS GmbH & Co. KG und die EWE Energie AG errichten seit 2010 linksseitig der Ems südlich von Jemgum ein Kavernenfeld zur Speicherung von Erdgas. Darüber hinaus erweitert die EWE Energie AG rechtsseitig der Ems ihren Kavernenspeicher Nüttermoor. Die bei der Erstellung der Kavernen im Salzstock anfallende Sole wird über Rohrleitungssysteme in die Ems abgeleitet. Diese Einleitung erfolgt auf Grundlage wasserrechtlicher mErlaubnisse.

In den Erlaubnisverfahren wurden die potenziellen Beeinträchtigungen der ökologischen Funktionen des Gewässers Ems geprüft. Eine wesentliche Voraussetzung der Erteilung der Erlaubnisse war, dass die Soleeinleitung am Rysumer Nacken in einem Bereich der Außenems erfolgt, der durch den Tideinfluss erhebliche Salzgehalte aufweist und damit Menge und Güte des nutzbaren Wassers in der Unterems nicht erheblich beeinträchtigt werden.

Die am Verfahren beteiligten Stellen (Landkreis Leer, der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung) regten an, die für den Kavernenspeicher Nüttermoor seit Jahrzehnten genutzte Soleeinleitstelle bei Ditzum nach Rysum zu verlegen, da hierdurch positive und gewünschte Effekte in Bezug auf die Gütesituation der Ems zu erwarten waren. Die Nutzung der alten EinleitstelleDitzum wurde der EWE AG daher nur für den Fall technischer oder rechtlicher Unmöglichkeit der Einleitung an der Einleitstelle Rysum erlaubt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Lage der Brackwasserzone ist, wie in den Vorbemerkungen beschrieben, von verschiedenen Variablen abhängig, unter anderem auch vom Einschwingverhalten der Tide, das durch die Fahrwasserausbauten beeinflusst wurde. An der Ems wirkten sich bis Mitte 2011 aber auch die Soleeinleitungen speziell bei Ditzum erkennbar auf die Salzgehalte oberstrom aus. Seit Mitte 2011 findet die Einleitung der Sole bei Rysum statt, was die Auswirkungen auf die Ems erheblich verringert. Eine quantitative Zuweisung der Salzgehaltsänderungen auf einen Verursacher ist mit den vorliegenden Messungen nicht möglich. Das Ems-Sperrwerk beeinflusst die Tide und damit den Salztransport nur bei Schließung (schwere Sturmflut oder Schiffüberführung) und damit nur sehr selten und kurzfristig.

Zu 2: Kompensationsleistungen für die Landwirtschaft oder andere Nutzer aufgrund veränderter Salzgehalte sind in den Planfeststellungsbeschlüssen für den Fahrrinnenausbau nicht festgesetzt worden. Zu den Auswirkungen des Emssperrwerks wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Die gestiegenen Salzgehalte in der unteren Ems werden in allen derzeit anhängigen wasserrechtlichen Planfeststellungs- und Erlaubnisverfahren als Vorbelastung berücksichtigt.

Zu 3: Aus Sicht der Niedersächsischen Landesregierung muss die Wasserqualität der unteren Ems verbessert werden. Dies ist nicht nur aufgrund der bestehenden Verpflichtungen infolge der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie erforderlich, sondern es sollen damit auch Beeinträchtigungen u. a. für die Wasser- und Bodenverbände verringert werden. Daher hat die Landesregierung eine Lenkungsgruppe Ems eingerichtet mit dem Ziel, unter der Betrachtung von mehreren Varianten nachhaltige Lösungen für die Region zu entwickeln und zu bewerten. Hierzu werden derzeit umfangreiche hydromorphologische Untersuchungen durchgeführt, die im Herbst 2013 abgeschlossen sein werden.

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