Meta Janssen-Kucz: Rede zur Neufassung des Niedersächsisches Krankenhausgesetzes

Top 2: Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Niedersächsisches Krankenhausgesetzes

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

die Arbeit der Enquete-Kommission zur Verbesserung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen hat mehr als deutlich gemacht, dass die Gesetzgebung und unsere bisherige Krankenhausplanung nicht auf die Herausforderungen der Zukunft eingestellt sind. Wir haben über 20 Jahre die stationäre Versorgung einfach fortgeschrieben und keinerlei Steuerung vorgenommen. Es gab keine richtige Bedarfsanalyse, keine Differenzierung nach Versorgungsstufen, keine Qualitätskriterien.

Gleichzeitig haben wir in Niedersachsen einen immensen Investitionsstau von mittlerweile 3,1 Mrd. €. Viele der 169 Krankenhäuser mit ihren rund 40.000 Betten befinden sich einer schwierigen wirtschaftlichen Lage, die eher schlechter als besser wird.

Daran ändert auch das neue Krankenhausgesetz nichts. Auch wenn das Investitionsvolumen von 120 Mio.€ auf 150 Mio. € in diesem Jahr aufgestockt wurde, bleibt das ein Tropfen auf den heißen Stein. Daran werden auch die im Rahmen der Mipla angekündigten Erhöhungen auf 200 Mio. € in 2024 und auf 230 Mio. € in den Jahren 2025 und 2026 angesichts der massiv steigenden Baukosten kaum etwas ändern.

Die Landesregierung muss schnell konkrete Lösungsansätze auf den Tisch legen (z.B. Fonds oder Sondervermögen), um diesen Investitionsstau sukzessive abzubauen und eine moderne und zeitgemäße Versorgung sicherzustellen.

Dafür brauchen unsere Krankenhäuser Verbindlichkeit und Planungssicherheit für die Zukunft!

Der mit dem neuen Krankenhausgesetz eingeleitete Strukturwandel muss im Interesse der Patient*innen und der Beschäftigten nach der Verabschiedung des Gesetzes intensiv begleitet und gesteuert werden.

Mit der Verabschiedung des Gesetzes fängt die Arbeit erst richtig an. Wir müssen gleichzeitig die ambulante und die pflegerische Versorgung neu aufstellen und bestenfalls zu sektorenübergreifenden Lösungen kommen. Denn das ist die Zukunft der medizinischen Versorgung. Die klassische Sektorentrennung hat ausgedient.

Wir haben dafür in Niedersachsen vorgelegt, jetzt erwarten wir, dass der Bund nachzieht und die entsprechenden Rahmenbedingungen für eine sektorenübergreifende Versorgung schafft. Auch eine Reform des DRG-Systems, der sogenannten Fallpauschalen, ist auf Bundesebene dringend notwendig, damit Leistungen und Vorhaltekosten endlich ausreichend vergütet und Fehlanreize beseitigt werden.

Anrede,

auch das beste Krankenhausgesetz ist nichts wert, wenn es auf den Stationen keine Pflegekräfte gibt, die alte und kranke Menschen versorgen. Das Thema Personalschlüssel in der Pflege ist auf der Bundesebene viel zu lange vernachlässigt worden. Ich bin deshalb sehr froh, dass die Ampel sich auf die Einführung von PPR 2.0 als Bemessungsinstrument verständigt hat und hoffe, dass wir damit endlich einen Schritt vorankommen.

Anrede,

Krankenhäuser gehören zur Daseinsfürsorge und ich bin froh, dass wir diese Maxime auch so klar im Gesetz verankert haben. Daraus ergibt sich aber auch eine große Verantwortung, der wir uns gemeinsam mit den Kommunen und sozialen Trägern von Krankenhäusern stellen müssen.

Wir dürfen unsere Krankenhäuser nicht internationalen Konzernen und Privat-Equity-Gesellschaften überlassen, die mit dem Produkt Gesundheit hohe Renditen erzielen, sich aber ihrer gesellschaftlichen Verantwortung entziehen. Damit gefährden sie die flächendeckende Versorgung in Niedersachsen.

Deshalb ist es absolut richtig, dass das Land hier seine Aufsicht verstärkt und Krankenhäuser zukünftig bei einem Trägerwechsel, auch bei Veränderungen der anteiligen Eigentumsverhältnisse, automatisch aus dem Krankenhausplan ausscheiden und ein neuer Antrag auf Wiederaufnahme gestellt werden muss.

Ebenso besteht die Möglichkeit, Krankenhäuser aus dem Krankenhausplan herauszunehmen, wenn der Versorgungsauftrag nicht mehr erfüllt wird, z.B. wenn die Personalausstattung nicht reicht.

Anrede,

das Herzstück des Krankenhausgesetzes sind die regionalen Versorgungszentren. Damit machen wir den Einstieg in die sektorenübergreifende Versorgung in Niedersachsen.

Die Regionalen Gesundheitszentren mit einer Erreichbarkeit rund um die Uhr und mit bettenführender Pflegeeinheit eröffnen gerade in der Fläche neue Perspektiven. Also dort, wo kein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung mehr besteht oder aus wirtschaftlichen Gründen Veränderungen anstehen.

Dort können verschiedene Leistungsanbieter interdisziplinär an einem Ort zusammenarbeiten, Beratungs- und Hilfsangebote und auch stationäre und teilstationäre Angebote können unter einem Dach angeboten werden. Mit den Regionalen Versorgungszentren kann das Potential der nichtärztlichen Heilberufe gestärkt und besser ausgeschöpft werden. Hier sind allerdings Kooperation und Kreativität der Gesundheitsakteure gefordert, um neue Wege in der Gesundheitsversorgung zu gehen und die beste Lösung vor Ort zu finden.

Anrede,

die Krankenhäuser gliedern sich zukünftig je nach Leistungsstruktur in drei Versorgungsstufen: Grund- und Regelversorgung, Schwerpunktkliniken und Maximalversorger. Unabhängig davon gibt es Fachkrankenhäuser, wie die Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Für die bestehenden 3 Unikliniken in Niedersachsen muss noch präzisiert werden, welche Rolle sie zukünftig in dieser Versorgungsstruktur übernehmen, denn sie leisten deutlich mehr als die anderen Maximalversorger. Sie erfüllen einen überregionalen Versorgungsauftrag, übernehmen Ausbildung und große Teile der Weiterbildung von Ärzt*innen. Vor allem aber bringen sie ihr Wissen aus Forschung und Lehre unmittelbar in die Patientenversorgung ein, insbesondere bei seltenen Erkrankungen. Diese besondere Rolle muss zukünftig konkretisiert und auch finanziert werden, denn wir brauchen die Spitzenmedizin und die Forschung der 3 Unikliniken.

Anrede,

die Geburtshilfe gehört in die Grund- und Regelversorgung und nicht wie seitens der Groko geplant in die Schwerpunktversorgung. Wichtig ist uns dabei, dass die Erreichbarkeit von Geburtskliniken bei 30 Minuten bleibt und nicht auf 45 Minuten verlängert wird. Unser Ziel ist und bleibt die langfristige Umsetzung der Nationalen Gesundheitsziele „Gesundheit rund um die Geburt“ in Niedersachsen, dazu gehört die 1:1 Betreuung in der wesentlichen Phase der Geburt.

Um die Geburtshilfe abzusichern und flächendeckende Angebote zu schaffen, haben wir ebenfalls noch viele Hausaufgaben vor uns – allen voran die Problematik der Haftpflichtversicherung, die noch immer nicht zufriedenstellend gelöst ist.

Die Belange der Patient*innen werden zukünftig stärker in den Fokus gerückt und das ist auch gut so. Bei Patientenaufnahme wird künftig geprüft, ob z.B. eine Patientenverfügung/Vorsorgevollmacht vorliegt und ob Menschen mit Handicap Unterstützungsleistungen benötigen.

Auch das Entlassungsmanagement wird zukünftig verbessert. Es kann nicht angehen, dass Patient*innen ohne Arztbrief und zum Wochenende ohne Medikamente entlassen werden.

Zukünftig sollen Demenzbeauftragte berufen werden, um Patient*innen mit Demenz oder auch beginnender Demenz, vor allem vor dem Hintergrund des demografischen Wandels zu unterstützen.

Das neue Krankenhausgesetz setzt einen neuen Rahmen für eine flächendeckende qualitativ hochwertige medizinische Versorgung, sie geht mit sektorenübergreifenden Angeboten und einer qualitativen Krankenhausaufsicht neue Wege.

Die Krankenhauslandschaft in Niedersachsen befindet sich seit Jahren ungesteuert im Umbruch, wir Grüne wollen den Strukturwandel der nächsten Jahre mitgestalten und wo notwendig in Regierungsverantwortung nachjustieren.

Unser Ziel ist und bleibt, dass der Mensch dabei im Mittelpunkt steht.

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