Meta Janssen-Kucz: Rede zu den Haushaltsberatungen 2022/2023 – Schwerpunkt Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

der Bericht der Enquetekommission zur Verbesserung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung liegt jetzt seit einem Jahr vor. Ebenso ein einstimmiger Entschließungsantrag vom 6. Juli 2021.

Corona hat nochmal deutlich gemacht, dass die stationäre Krankenhausversorgung das Kernstück der Gesundheitspolitik ist. Doch auf die notwendige - von allen Akteuren im Gesundheitswesen und den Kommunen geforderte - Erhöhung der Investitionsmittel für unsere Krankenhäuser wurde kaum reagiert. Die Erhöhung von 120 Mio. € auf 150 Mio. € ist ein Tropfen aus dem heißen Stein.

Wo ist die stufenweise Anhebung der Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser auf 8 Prozent der Gesamterlöse.

Wo bleibt der Sonderfonds in Höhe von 1 Mrd. € zum kurzfristigen Abbau des bestehenden massiven Investitionsstaus?

Wir haben mit dem Niedersachsen-Fonds einen konkreten Vorschlag vorgelegt, wie wir den Investitionstau in Höhe von über 2 Mrd. € abbauen könnten. Und auch die Kommunen waren und sind bereit ihren Anteil in Höhe von 40 Prozent zu finanzieren. Unser gemeinsames Ziel muss sein, unsere Krankenhäuser zukunftsfähig aufzustellen.

Die GroKo hat selbst mit der Fonds-Idee geliebäugelt, um die notwendigen Modernisierungs- und Erhaltungsmaßnahmen, sowie die Umsetzung zukunftsweisender Projekte zur Verbesserung der stationären Versorgung zu sichern.

Und jetzt gibt der Doppelhaushalt nicht einmal die schon zugesagten Summen für die geplanten Zentralkliniken im Landkreis Aurich-Georgsheil, im Heidekreis und Diepholz her. Wie wollen Sie, gerade in der aktuellen Situation, das den Menschen vor Ort erklären?

Nur auf das „Zukunftsprogramm für Krankenhäuser“ der alten Bundesregierung mit 280 Mio. € und die Finanzierung des Eigenanteils von 30 Prozent zu setzen, ist definitiv zu wenig, denn die Mittel sind für eine bessere digitale Infrastruktur, IT- und Cybersicherheit, moderne Notfallkapazitäten und die Stärkung regionaler Versorgungsstrukturen vorgesehen.

Anrede,

Frau Ministerin Behrends zitierte bei der Einbringung des 05-Haushalts, Franz Alt: „Zukunft ist kein Schicksalsschlag, sondern die Folge der Entscheidungen, die wir heute treffen.“

Mit dem vorgelegten Haushalt und den Nachjustierungen über die Fraktionen von SPD und CDU haben sie zumindest die Zukunft der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen erstmal ihrem eigenen Schicksal überlassen und die dringenden Entscheidungen für die Zukunft nach hinten geschoben!

Anrede,

kommen wir kurz zur vielgepriesenen Landarztquote.

Alleine für den Aufbau und den Betrieb der erforderlichen Verwaltungsstrukturen in dem Verfahren, stellen sie 500.000 € und 2023 nochmal 700.000 € ein. Aber die Studienplätze gehen erst 2023/24 an den Start und die ersten Ärzte sind mit ihrer Ausbildung erst 2040 fertig.

In Niedersachsen wird bis 2035 die Anzahl der Hausärzt*innen auf rund 3.700 von 5.000 aktuell runtergehen. Dazu kommt, dass wir uns insbesondere im ländlichen Raum in der fachärztlichen Versorgung auf eine akute Unterversorgung zusteuern.

Ich frage mich, wie wollen Sie zwischenzeitlich die ambulante medizinische Versorgung sicherstellen?

Die Finanzierung von zwei Pilotprojekten zur medizinischen Versorgung stopfen nur zwei Löcher in der medizinischen Versorgung in Niedersachsen – mehr aber auch nicht.

Wir haben in unserem Haushaltsantrag für die Gründung Regionaler Gesundheitszentren in Verbindung mit der Community Health Nursing - Gemeindeschwester plus 2,6 Mio. € eingestellt.

Nur wenn wir diesen Weg Stück für Stück konsequent gehen, haben wir die Chance unser Gesundheitssystem vor allem im ländlichen Raum, nicht auszubluten.

Der Grüne Entschließungsantrag liegt dazu vor und auch die neue Bundesregierung will diesen Weg unterstützen.

Lassen sie uns vorangehen!

Anrede,

die Pflege in Niedersachsen bleibt seit Jahren in Niedersachsen auf der Strecke. Unter rot-grün haben wir zumindest die Schulgeldfreiheit für die Altenpflege auf den Weg gebracht.

Und es wurde geschafft, die Interessenvertretung der Pflegekräfte, die Pflegekammer, aus dem Tritt zu bringen. Es waren nicht allein ein Teil der Pflegekräfte, nein, auch die GroKo, denn aktive Unterstützung in der Aufbauphase fehlte. Unterstützung sieht anders aus!

Und jetzt haben die Pflegekräfte kein Sprachrohr und ihre Anliegen sind in der KAP'Ni (konzertierte Aktion Pflege Niedersachsen) nicht vertreten. Hier verhandeln Pflegekassen und Anbieter, private sowie soziale Anbieter in der ambulanten Pflege und die Pflegekräfte müssen zuschauen.

Zumindest gibt es jetzt Planungssicherheit für die Anbieter, aber damit hat sich für die Arbeitssituation in der ambulanten Pflege und der Personalschlüssel noch lange nicht verbessert.

Damit ist die Zukunftsfähigkeit der Pflege nicht gesichert. Es ist ein erstes Signal in Sachen Refinanzierung der Pflegeleistungen, verbessert aber nicht die immensen Arbeitsbelastungen und den Mangel an Pflegekräften.

Fakt ist: Die Pflege in Niedersachsen befindet sich weiter in einer Abwärtsspirale aus Personalmangel und hoher Arbeitsbelastung/-verdichtung!

Wo bleiben neue zusätzliche Ausbildungsplätze und die Anreize dazu? Wo bleibt die Schulgeldfreiheit für die Heilerziehungspflegeausbildung in Niedersachsen?

Geben Sie sich hier und heute endlich einen Ruck und stimmen Sie den 4 Mio. € im Grünen Haushaltsänderungsantrag zu, damit endlich die Schulgeldfreiheit in der Heilerziehungspflege in Niedersachsen kommt.

Wieder einmal wird ein wichtiger Baustein zur Integration und zur Verbesserung der Situation in der Pflege von der GroKo einfach zur Seite geschoben, erhält keine Priorität.

Und zwischenzeitlich sinkt die Zahl der Auszubildenden in der Heilerziehungspflege weiter – innerhalb von vier Jahren -2016-2020 - um 25 Prozent.

Wenn man Pflegeberufe attraktiver machen will, dann fängt das schon bei der Ausbildung an. Wie sollen junge Menschen für die Heilerziehungspflege motiviert werden, wenn sie neben dem Lebensunterhalt für den sie sorgen müssen, auch noch das Schulgeld aufbringen müssen.

Anrede,

Sie setzen nicht einmal Ihren Koalitionsvertrag um, das ist echt ein Armutszeugnis der GroKo auf dem Rücken der jungen Menschen und der Inklusion!

Zumindest in der Kurzzeitpflege haben die Regierungsfraktionen auf die fehlenden Plätze reagiert, ob das perspektivisch reicht, ist fragwürdig. Laut Statistik waren 2019 - 3.377 Menschen in Kurzzeitpflege - Tendenz steigend.

Die Pflege ist und bleibt die große Herausforderung für die Bundes-und Landesebene.

Hier heißt es Ärmel hochkrempeln und anpacken und auch von anderen Europäischen Nachbarländern lernen. Unser Gesundheitssystem baut nicht nur auf die ambulante und stationäre medizinische Versorgung auf, auch die ambulante und stationäre Pflege gehört dazu!

Anrede,

der Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt muss gerade auch in Zeiten einer Pandemie unsere vollste Aufmerksamkeit haben.

Aber das ist, aller Proteste zum Trotz, nicht ausreichend geschehen.  Sie alle wissen, dass die Beratungsstellen und Frauenhäuser personell unterbesetzt und unterfinanziert sind! Und dennoch behaupten SPD und CDU stur, dass die europäische Istanbul-Konvention zum Gewaltschutz in Niedersachsen bereits umgesetzt sei. Das ist definitiv falsch!!

Statt sich der Probleme anzunehmen und das Gewaltschutzsystem endlich auf sichere finanzielle Beine zu stellen, verstetigen Sie die Unterfinanzierung und legen dies mit der neuen Richtlinie sogar für die nächsten fünf Jahre fest.

Ebenfalls beenden Sie die Finanzierung der wichtigen Arbeit der Landeskoordinierungsstelle und machen sie damit dem Erdboden gleich. Da ist nur konsequent, dass Sie hier und heute den Grünen Antrag zur Umsetzung der Istanbul-Konvention ablehnen. Mit allen Konsequenzen für von Gewaltbetroffenen Niedersachsen. Hoffentlich ist Ihnen das bewusst!?

Vollste Aufmerksamkeit für mehr Gewaltschutz für Frauen und Kinder - Fehlanzeige!

Vielen Dank.

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