Meta Janssen-Kucz: Rede zu Anträgen zur Covid-Pandemie - "Draußen ist das neue Drinnen" u.a. (TOP 3-7)

Rede TOP 4: Die 3. Corona-Welle entschlossen brechen (Antrag Grüne)
Rede TOP 5: Draußen ist das neue Drinnen – Erkenntnisse aus der Aerosolforschung berücksichtigen – Niedersachsen geht raus (Änderungsantrag Grüne)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede

wir haben hier 5 Beratungsgegenstände mit sehr unterschiedlichem Fokus unter dem großen Überbegriff Covid-Pandemie, die gemeinsam beraten werden.

Begrüßen möchte ich den ersten Aufschlag nach der Unterrichtung im Sozial- und Gesundheitsausschuss zur Schaffung und Ausstattung interdisziplinärer Angebote zur Diagnostik und Rehabilitation für Long-Covid-Erkrankte.

Deutlich wurde vor allem, dass großer Handlungsbedarf besteht, denn die Betroffenen haben meist mehrere Beschwerden gleichzeitig und da es bisher kein klares Behandlungsschema gibt, leiden sie heftig unter Corona-Spätfolgen.

Vor allem junge Menschen zwischen 25 und 50, ohne Vorerkrankungen leiden unter Long-Covid. Frauen sind doppelt so häufig wie Männer betroffen.

Fakt ist, dass bis zu 25 Prozent der Patienten mit milden Covid-Verläufen sieben bis acht Monate später Beschwerden entwickeln. Die Anamnese ist dabei hochkomplex und erfordert viel Zeit für Gespräche und unterschiedlichste Untersuchungen. All das ist im Vergütungssystem aktuell nicht abgebildet und auch die bestehenden Strukturen reichen nicht aus. Es gibt keine gezielte Therapie und so wird überwiegend symptomorientiert behandelt und nicht wie notwendig, ein ganzheitlicher Ansatz gefahren.

Und fehlt es definitiv an Forschung, an interdisziplinären Netzwerken, in dem eine enge Verzahnung von niedergelassenen Ärzten, Krankenhäusern und Rehazentren möglich ist.

Aber eigentlich kannten wir den Handlungsbedarf schon vor der Pandemie von ME/CFS – Chronisches Fatique-Syndrom. Bisher organisieren sie sich in Selbsthilfegruppen und auch für sie gibt es kein spezielles Reha-Angebot.

Anrede

Mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen liegt ein erster Aufschlag vor, am Montag hat der Gesundheitsausschuss des Bundestages ebenfalls dazu beraten. Schwerpunkte waren dabei die gesetzliche Verankerung von speziellen Behandlungszentren für Betroffene sowie die Anerkennung als Berufskrankheit.

Wichtig ist daher, nicht wie im Antrag, Prüfaufträge zu verteilen, sondern schnell mit dem Bund zusammen einen klaren gesetzlichen Handlungsrahmen auf den Weg zu bringen und damit auch die Finanzierung absichern.

Wir brauchen eine gesetzliche Verankerung von speziellen Long COVID Behandlungszentren, sowie die Erfassung und Analyse der Fälle und vor allem mehr Forschung. Und wie gesagt, dafür ist der Aufbau von einem interdisziplinären Netzwerk bundesweit notwendig. Bisher haben wir nicht einmal ein einheitliches Informationsangebot. Betroffene erleben häufig fehlende Anerkennung und Verharmlosung der Symptome, bei niedergelassenen Ärzten fehlt oftmals das entsprechende Wissen. Und mit den Beschwerden beginnt ein Spießrutenlauf für die Betroffenen.

Die Anhörung im Bundestag hat deutlich gemacht, dass es zwei Positionen gibt. Die der Betroffenen und der Fachärzte, allen voran die Berliner Charité mit ihrer Immundefektambulanz am Institut für Medizinische Immunologie und auf der anderen Seite die GKV/Gesetzlichen Krankenversicherung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG).

Die GKV argumentiert, dass die Wissenslage nicht ausreicht, um Zukunftsentscheidungen zu treffen und die DKG moniert, dass das alles viel zu lange, bis zur Finalisierung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss G-BA, dauert.

Sie sehen, dass wird ein langer Weg von Bund und Ländern um Long-Covid-Betroffene effektiv zu unterstützen und notwendige Reha-Angebote auszubauen.

Anrede

Ich komme jetzt zu unseren Grünen Anträgen, die die Groko ja heute endgültig ablehnen will. Es ist erfreulich, dass es gelungen ist mit vielfältigen Maßnahmen, vor allem durch das verantwortungsbewusste Verhalten der Bürger*innen die 3. Welle zu brechen. Danke dafür – nur gemeinsam können wir durch die Pandemie kommen.

Aber weiterhin gilt, Vorsicht an der Bahnsteigkante. Der letzte Sommer mit noch niedrigeren Inzidenzen hat uns deutlich vor Augen geführt, wie schnell sich das Blatt wieder wenden kann. Vor allem die immer wieder auftretenden, größtenteils noch infektiöseren Mutanten, sollten uns allen eine Warnung sein.

Die 3. Welle zu brechen ist das eine, das ist gemeinschaftlich mit einer umfassenden Teststrategie, Hygienekonzepten und vor allem Abstand und mehr „Draußen als Drinnen“ gelungen. Die Herausforderung heißt aber jetzt, nicht in die nächste Welle zu tappen.

Deshalb ist unser Antrag „Die 3. Corona-Welle entschlossen brechen“ aus grüner Sicht noch lange nicht erledigt.

Die Gesundheitsschutzmaßnahmen am Arbeitsplatz sollten zumindest mittelfristig vorerst festgeschrieben werden.

Es gilt weiter die Mobilität soweit wie möglich einzuschränken, insbesondere zu Stoßzeiten! Fast sind die Busse und Züge wieder so voll wie immer, dass bedeutet, wir brauchen weiterhin mobilitätsreduzierende Maßnahmen und damit neue flexible Arbeitszeitmodelle.

Und vor allem gilt, nicht wie im Sommer 2020, einfach die Hände in den Schoß zu legen und sich über den vermeintlich normalen Alltag zu freuen. Wir brauchen Vorkehrungen, um flächendeckend Konzepte für ein Leben mit dem Corona Virus mit niedrigen Inzidenzen auf den Weg zu bringen.

Ein Stufenplan und immer wieder laufend sich ändernde Verordnungen, durch die kaum noch ein Mensch durchsteigt, sind nicht der richtige Weg. Förderlich sind auch nicht die unterschiedlichen Ansagen vom Ministerpräsidenten und seinen Ministerinnen und Ministern.

Sie verwirren mehr, als dass sie helfen. Ich frage Sie, meine Kolleginnen und Kolleginnen hier im Landtag, blicken Sie noch durch, können Sie noch die Fragen der Bürger*innen, der Kulturszene, der Chöre, der Arbeitgeber*innen beantworten. Ich kann es nicht mehr in jedem Fall. Sie sorgen mehr für Verirrung und Verwirrung als für Klarheit und Transparenz. Das muss definitiv anders werden.

Anrede

Draußen ist das neue Drinnen – das war unsere Grüne Ansage, damit haben wir die Erkenntnisse aus der Aerosolforschung auf den Punkt gebracht. Und in einer der letzten Regierungserklärungen hatten wir auch den Eindruck, dass die Landesregierung, die GroKo, allen voran der Ministerpräsident dies auch endlich verinnerlicht hatte und als sein Motto propagierte. Wir Grüne erheben keinen Anspruch auf das Copyright, aber wir erheben Anspruch auf umfassende Konzepte für jetzt und für die Zukunft.

Wo sind die Draußen-Schulen, die Draußen-Angebote in Schulen und Kindertagesstätten? Wo sind die Angebote der Universitäten und Hochschulen, wo sind die notwendigen Veränderungen? Es kann doch nicht angehen, dass einfach so weitergemacht wird, als ob nichts geschehen wäre und nichts aus der Pandemie dazu gelernt wurde.

Anrede

Die Landesregierung muss endlich einen klaren Kurs in Niedersachsen fahren. Nicht heute hü und morgen hott. Verlässlichkeit und Transparenz sind das A und O um alle Bürger*innen in der Corona Politik mit zu nehmen. Wie wollen Sie mit dem fortlaufenden Ankündigungspopulismus zum Beispiel beim Impfen Vertrauen schaffen, wenn Sie nicht einen klaren, verlässlichen Weg vorzeichnen.

Mit der Politik der GroKo in Niedersachsen verspielen SPD und CDU das Vertrauen der Bürger*innen und damit einen wichtigen Baustein in der Pandemiebekämpfung.

Zurück zum Pressearchiv