Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten - Wie viele Ermittlungsverfahren, Anklagen und Gerichtsurteile gab es in Niedersachsen?

Die Sicherheitsbehörden kämpfen verstärkt mit dem Phänomen der Geldwäsche. 2011 gingen bei der im Bundeskriminalamt (BKA) angesiedelten Financial Intelligence Unit (FIU) insgesamt 12 868 Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz ein.

Die Sicherheitsbehörden kämpfen verstärkt mit dem Phänomen der Geldwäsche. 2011 gingen bei der im Bundeskriminalamt (BKA) angesiedelten Financial Intelligence Unit (FIU) insgesamt 12 868 Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz ein. Das seien rund 17 % oder 1 800 Fälle mehr als 2010 und ein neuer Höchststand seit Inkrafttreten des Geldwäschegesetzes im Jahr 1993, sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke am 29. Oktober 2012 in Wiesbaden. Sorgen bereiten den Behörden zunehmend die mögliche Geldwäsche in Spielbanken und durch den Kauf von Immobilien.

Als Geldwäsche gilt es, wenn illegal erworbene Vermögenswerte wieder in den Geldumlauf gebracht werden, um sie zu „waschen“, also ihre Herkunft zu verschleiern. 91 % der Verdachtsanzeigen auf Geldwäsche kommen über Banken und Kreditinstitute. Gemeldet werden sie bei der FIU, der nationalen Zentralstelle zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Finanzierung des Terrorismus, die am 29. Oktober 2012 ihren Jahresbericht vorlegte.

Die gestiegene Zahl der Verdachtsanzeigen sei ein gutes Zeichen, sagte die Exekutivdirektorin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Gabriele Hahn. Sie zeigten aber auch, dass Gesetze nur dann funktionierten, wenn ihre Einhaltung auch effektiv überwacht werde. Ziercke betonte zudem, die gestiegene Anzahl der Verdachtsanzeigen bedeute nicht automatisch einen Anstieg der Geldwäsche in Deutschland. Von den fast 13 000 Verdachtsanzeigen habe sich in rund 44 % der Fälle der Verdacht einer Straftat erhärtet (Hamburger Abendblatt, 29. Oktober 2012).

Der im Jahresbericht 2009 konstatierte Rückgang der Mitteilungen von Finanzbehörden nach § 31 b AO hat sich nicht fortgesetzt, 2011 ist wieder ein Anstieg dieser Mitteilungen zu beobachten. Der weit überwiegende Anteil der Meldenden kommt nach wie vor aus dem Bereich der Kreditinstitute: 90 % aller Verdachtsanzeigen wurden von dieser Gruppe der Meldeverpflichteten erstattet.
Die Anzahl der Verdachtsanzeigen von „Personen, die gewerblich mit Gütern handeln“, und aus der Gruppe der sogenannten rechtsberatenden Berufe ist angesichts der hohen Zahl aller zu dieser Gruppe gehörenden natürlichen und juristischen Personen auch im Jahr 2011 auf sehr niedrigem Niveau gewesen, schreibt das BKA in seiner Zusammenfassung.

Wir fragen die Landesregierung:

1.) Wie viele Verdachtsanzeigen, eingeleitete Ermittlungsverfahren und Anklagen gab es in Niedersachsen nach dem Geldwäschegesetz in den Jahren seit 2007 jeweils?

2.) In wie vielen Fällen spielte dabei der Kauf von Immobilien eine Rolle?

3.) In wie vielen Fällen ist es in Niedersachsen zu einer Verurteilung nach dem Geldwäschegesetz gekommen?

 

Antwort der Landesregierung:

Die Niedersächsische Landesregierung sieht in derV ermeidung und Verfolgung von Geldwäsche einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung insbesondere der schweren und der grenzüberschreitenden Kriminalität. Sie hat deshalb in der Vergangenheit alle erforderlichen Maßnahmen zur Intensivierung der Geldwäschebekämpfung ergriffen und wird dies auch in Zukunft tun.

Klarzustellen ist bei dieser Gelegenheit allerdings, dass das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz)vom 13. August 2008 in der Fassung des Gesetzes zur Optimierung der Geldwäschepräventionvom 22. Dezember 2011 zwar Regelungen über die Meldung eines Geldwäscheverdachts trifft undBußgeldvorschriften kennt, jedoch keine eigenen Straftatbestände enthält. Deshalb gibt es entgegen der in der Mündlichen Anfrage zum Ausdruckkommenden Annahme keine Ermittlungsverfahren, Anklagen oder Verurteilungen nach dem Geldwäschegesetz. Vielmehr stellt allein das Strafgesetzbuch (StGB) in § 261 Geldwäsche und Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte unter Strafe. Auf diesen Tatbestand beziehen sich daher die nachfolgenden Angaben.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Anzahl derwegen Verstoßes gegen § 261 StGB eingeleitetenErmittlungsverfahren über die Summe der Verdachtsanzeigen bzw. -meldungen nach dem Geldwäschegesetz hinausgeht. Zwar leitet das in Niedersachsen zentral für die Erfassung und Koordi-nierung von Verdachtsanzeigen nach dem Geldwäschegesetz verantwortliche Landeskriminalamtdiese sämtlich den örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften zu, die in allen Fällen auch ein Ermittlungsverfahren einleiten. Zusätzlich leiten die Staatsanwaltschaften jedoch auch von Amts wegen aufgrund eigener Erkenntnisse Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer Straftat nach § 261 StGB ein. Dadurch gibt es mehr einschlägige Ermittlungsverfahren als Verdachtsanzeigen.

Im Weiteren ist anzumerken, dass auf eine Verdachtsanzeige hin eingeleitete Ermittlungen aufgrund des strafprozessualen Legalitätsprinzipsumfassend und unter sämtlichen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu führensind. Dadurch kommt es bei Geldwäscheverfahrenauch zu Anklagen und Verurteilungen wegen anderer Straftatbestände als § 261 StGB, beispielsweise wegen Betruges (§ 263 StGB).

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass bei bestehendem Straftatverdacht auch eine Bestrafung im Strafbefehlswege an Stelle einer Anklageerhebung und Verurteilung in Betrachtkommt. Dadurch liegt die Sanktionsquote deutlich höher, als dies die Summe der Anklageerhebungen und Verurteilungen zum Ausdruck bringt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Mündliche Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Im Jahr 2007 sind 760 Verdachtsanzeigenbzw. -meldungen nach dem Geldwäschegesetz beidem Landeskriminalamt Niedersachsen eingegangen. 2008 waren es lediglich 699, 2009 wieder820, 2010 bereits 1 092 und 2011 schließlich1 187 Verdachtsanzeigen.

Wegen des Verdachts einer Straftat nach § 261StGB sind ausweislich der Strafverfolgungsstatistik2007 in Niedersachsen 1 196 Ermittlungsverfahreneingeleitet worden. Anklagen wegen dieses Vorwurfs wurden in 25 Fällen erhoben.

2008 kamen auf 986 einschlägige Verfahren 23Anklagen. 2009 wurde in 33 von 1 165 VerfahrenmAnklage erhoben. Im Jahr 2010 wurden 2 152entsprechende Ermittlungsverfahren eingeleitet, wobei es in 37 Fällen zur Anklage kam. 2011schließlich gab es 2 332 einschlägige Ermittlungsverfahren und 40 Anklagen.

Zu 2: Der Landesregierung ist nicht konkret be-kannt, in wie vielen Fällen es in den Jahren 2007bis 2011 zu Verdachtsanzeigen, Ermittlungsverfahren und Anklageerhebungen im Zusammenhangmit Immobiliengeschäften gekommen ist.

Weder bei der Erfassung der Geldwäschever-dachtsanzeigen im Landeskriminalamt Niedersachsen noch im Vorgangsverwaltungssystem der Staatsanwaltschaften gibt es Parameter, die eineentsprechende automatisierte Suche ermöglichenwürden.

Der Strafverfolgungsstatistik kann lediglich derTatvorwurf entnommen werden, nicht aber derdiesem zugrunde liegende Sachverhalt. Dadurchließen sich belastbare Aussagen lediglich auf derGrundlage einer manuellen Auswertung sämtlicherGeldwäscheverfahren der Jahre 2007 bis 2011 beidem Landeskriminalamt oder den elf niedersächsischen Staatsanwaltschaften treffen, was mit einemAufwand verbunden wäre, der zur Beantwortungeiner Mündlichen Anfrage nicht geleistet werdenkann.

Eine Nachfrage bei der Financial Intelligence Unitdes Bundeskriminalamtsamtes hat allerdings ergeben, dass in der dortigen Datenbank Informationenüber Verdachtsanzeigen aus Niedersachsen imZusammenhang mit Immobiliengeschäften für dieJahre für 2010 und 2011 vorhanden sind. Danachhandelte es sich um 18 (2010) bzw. 53 Fälle(2011). Für die Jahre 2007 bis 2009 liegen auchdem Bundeskriminalamt keine Informationen vor.

Zu 3: Zu Verurteilungen wegen einer Straftat nach§ 261 StGB ist es ausweislich der Strafverfolgungsstatistik in Niedersachsen 2007 in 57 Fällen, 2008 in 34 Fällen, 2009 in 36 Fällen, 2010 in 60Fällen und 2011 in 76 Fällen gekommen.

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